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Bauchgefühl.

Der Verstand sagt ja, der Bauch sagt nein. Weshalb das Bauchgefühl für uns lebensnotwendig ist und uns vor Fehlentscheidungen bewahren kann.

„Hätte ich doch nur auf meinen Bauch gehört.“ So oder so ähnlich erging es mir kürzlich, bei einer zugegebenermassen banalen Angelegenheit: dem Hosenkauf. Zielgerichtet betrat ich mein Lieblingsgeschäft für Herrenbekleidung und machte mich auf die Suche nach Hosen für den Herbst. Da ich den Schnitt und die Farben aus früheren Kollektionen kannte, schien die Sache klar. Ein paar Hosen gegriffen, ab in die Umkleidekabine – und dann kamen die ersten Zweifel. Nicht wegen der Grösse, die passte. Aber der Schnitt fühlte sich anders an. Irgendwie... nicht richtig. Die Fachverkäuferin bemerkte mein Zögern und versuchte, mir mit wohlwollender Beratung zur Seite zu stehen. An der Hose wurde gezupft und gezogen, die Länge provisorisch abgesteckt. Das Licht und die Enge der Kabine halfen nicht gerade, die Entscheidung zu erleichtern. Schliesslich, nach weiterem Zurechtzupfen, meldete sich meine innere Stimme: „Ach komm, das passt schon". Gleichzeitig wusste ich aus Erfahrung: Was mich in der Umkleide stört, wird mich im Alltag noch mehr nerven. Aber in solchen Situationen fehlen oft die objektiven Entscheidungsgrundlagen. Preis-Leistung? Irgendwie okay. Dringlichkeit? Naja. Farbe? Passt schon. Es bleiben also fast nur noch Gefühle und vage Befindlichkeiten. Mein Bauch schrie förmlich: „Nein! Kauf. Diese. Hose. Nicht!“ Doch ich ignorierte ihn. Verdrängte das ungute Gefühl. Kaufte die Hose. Und: Überraschung! Ich bereue es. Der Schnitt passt nicht, das ganze Zurechtgezupfe hält dem Alltag nicht stand. Es nervt. Die Hose nervt. Und am meisten ärgere ich mich über mich selbst, weil ich mein Bauchgefühl ignoriert habe. Zum Glück ist das keine lebenswichtige Entscheidung gewesen. Bei anderen, wie etwa bei einem Jobwechsel, habe ich hingegen sehr wohl auf mein Bauchgefühl gehört.

„Tue, was sich in deinem Herzen richtig anfühlt. Kritisiert wirst du so oder so.“ Eleanor Roosevelt

Dieses Erlebnis hat mich ins Grübeln gebracht: Was macht dieses Bauchgefühl eigentlich mit uns? Und warum ist es so wichtig, gerade bei grossen Lebensentscheidungen? Wenn wir dem Bauchgefühl einen wissenschaftlichen Anstrich verleihen möchten, sprechen wir von Intuition. Sie beschreibt die Fähigkeit, eine Einschätzung oder Einsicht zu erlangen, ohne den bewussten Einsatz von Logik oder rationalem Denken. Wir „fühlen“, dass etwas nicht stimmt, oder dass etwas genau richtig ist. Entscheidungen, die „aus dem Bauch heraus“ getroffen werden, erscheinen spontan, beruhen aber auf Erfahrungen. Der US-amerikanische Psychiater Eric Berne brachte es auf den Punkt: „Intuition ist Wissen, das auf Erfahrung beruht.“ Unsere inneren Stimmen – „Pass auf!“, „Vorsicht!“ oder „Das fühlt sich gut an“ – reflektieren frühere Erlebnisse. Sie helfen uns, komplexe Situationen in kurzer Zeit zu erfassen. Diese schnellen Einschätzungen sind keineswegs irrational. Im Gegenteil: Sie sind tief im Gehirn verankert. Der Psychologe Daniel Kahneman beschreibt zwei wesentliche Gehirnareale, die hier eine Rolle spielen: das limbische System und der Neocortex. Das limbische System, insbesondere die Amygdala, ist für emotionale, intuitive Entscheidungen zuständig. Es greift auf gespeicherte, meist emotional gefärbte Erfahrungen zurück. Der Neocortex hingegen steht für den Verstand: bewusstes, analytisches Denken. Intuition und Verstand arbeiten also Hand in Hand, oder besser: im ständigen Dialog. Und dieser Dialog ist überlebenswichtig. Die Amygdala bewertet Situationen blitzschnell und ordnet sie in eines von drei Grundmustern ein: Flucht, Kampf oder Erstarren. Gerade im Alltag, wo wir unzählige Entscheidungen treffen müssen, können wir nicht jede einzelne rational abwägen. Das Bauchgefühl hilft uns, Risiken früh zu erkennen und einfache Entscheidungen zu automatisieren vor allem dann, wenn sich etwas nicht gut anfühlt.


Mein Fazit:

Nutzen wir unseren inneren Kompass. Bei Entscheidungen in der Partnerwahl, im Beruf oder in anderen relevanten Lebenslagen. Auf das Bauchgefühl zu hören ist keine Spinnerei, sondern Ausdruck unserer (Über-)Lebensfähigkeit. Indem wir dem Hier und Jetzt mehr Beachtung schenken, erkennen wir die subtilen Signale, die unser Bauch uns sendet. Durch mentales Training können wir lernen, der Intuition mehr Raum zu geben und unsere inneren Stimmen besser zu verstehen. Nicht jede Entscheidung muss durchdacht und zergrübelt werden. Oft ist es sinnvoller, dem Gefühl zu vertrauen. Die Zeit, die wir ins Grübeln investieren, ist meist besser angelegt, wenn wir bewusst auf unser Bauchgefühl hören.

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