Meinung ist. Dritter Akt.
- Daniel
- 5. Apr. 2022
- 2 Min. Lesezeit
Was wir meinen zu denken und wie wir mit Gedanken umgehen sollen. Denn meine Gedanken sind nicht die Wirklichkeit.

In zwei vorherigen Beiträgen haben wir uns bereits geäussert, was Meinung ist, welches Verständnis wir dafür haben und wie wir damit umgehen könnten. Denn in unserem Blog geht es vielfach um Meinungen, Gedanken und Geschichten zu Alltäglichem. Mit Meinung und Gedanken befasse ich mich daher regelmässig. Kürzlich bin ich über einen Satz gestolpert, der mich zu diesem Blogbeitrag bewogen hat: "Meine Gedanken sind nicht die Wirklichkeit". Dieser Satz hat mich lange Zeit begleitet und zum Reflektieren angeregt. Was meint dieser Satz? Ich verstehe den Satz folgendermassen: Jenes, was ich sehe, höre, spüre oder wahrnehme sind Elemente, die sich in meinem Kopf zu Gedanken formen. Ähnlich wie ein Puzzle. Das Gesagte oder Gehörte formt sich in meinem Kopf zu einem Gesamtbild. In Millisekunde mache ich mir Blitzgedanken zum gerade Gesehenen. Meine Gedanken fassen bereits Erlebtes, Gelerntes oder Erfahrenes zusammen. Sie sind privat und individuell. Was ich daraus interpretiere ist ebenfalls individuell, es kommt von meinem Inneren heraus. Schlussfolgerungslogisch kann es daher nicht ausschliesslich das sein, was es auf den ersten Blick hin zu scheinen mag.
"Meine Gedanken sind nicht die Wirklichkeit".
Diese komplexe Ausführung meiner Interpretation dieses Satzes lässt den Schluss zu, dass Meinung und Gedanken zu haben etwas Wunderbares ist. Und gleichzeitig doch so kontrovers. In diesem Zusammenhang kommt mir die Hammer-Geschichte von Paul Watzlawick in den Sinn:
Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschliesst unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommen ihm Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüsste er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber vielleicht war die Eile nur vorgetäuscht und er hat etwas gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts angetan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloss weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht's mir wirklich. – Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch noch bevor er "Guten Tag" sagen kann, schreit ihn unser Mann an: "Behalten Sie Ihren Hammer, Sie Rüpel!" (Paul Watzlawick: Anleitung zum Unglücklichsein).
Diese Kurzgeschichte verdeutlicht, dass mein Gedachtes nicht zwangläufig der Wirklichkeit entsprechen muss. Daraus lernen wir, dass vielmehr der Dialog angestrebt werden sollte, insbesondere in jenen Situationen, in denen eine kritische Haltung meines Gegenübers entsteht, ähnlich der obigen Geschichte von Watzlawick. Entstehen und kreisen negativ behaftete Gedanken in meinem Kopf, bedarf es einem kurzen Innehalten und Abchecken der sachlichen Ebene. Nur so kann zumindest teilweise vermieden werden, dass es zu konfrontativen Begegnungen zweier Individuen kommt. Denn denke daran, auch mein Gegenüber durchläuft möglicherweise ähnliche Gedankengänge und bildet sich eine Meinung.
Nehmen wir also den Satz "Meine Gedanken sind nicht die Wirklichkeit" zu Herzen und schlussfolgern wir nicht voreilig.
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