Summertime.
- Daniel
- 12. Juli 2023
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 10. Jan.
Sommer, Sonne, Heiterkeit. Zumindest in unseren Breitengraden. Eine Liebeserklärung an den Sommer und dessen Eigenheiten.

In den meisten Kantonen stehen die Sommerferien vor der Tür. Schüler:innen und wohl in gleichen Massen auch Lehrpersonen, Eltern und Kinderlose ebenso, Ferienhungrige und Fernwehschwärmer:innen. Sie alle eint die Gleichung zwischen Mitte Juli bis Mitte August: Unterrichtsfreie Zeit = Ferien. Oder: Sommer = Reisezeit. Herr und Frau Schweizer:in zieht es gemäss Prognosen diesen Sommer vermehrt wieder in die Ferne. Dabei zeigt sich, dass hiesige Ferienhungrige besonders Destinationen rund um das Mittelmeer oder Evergreen Destinationen wie New York, den Malediven oder die Dominikanische Republik ansteuern. Für die Daheimgebliebenen, wie ich, bedeuten die Sommerferien vor allem eines: ausreichend Platz in den Öffentlichen Verkehrsmitteln, keine Wartezeiten in den sonst so beliebten Quartierbeizen, kein Dichtestress in Badeanstalten und ein Hauch vom südlichen Lebensmotto "Dolce Far Niente". Der Sommer hält für alle etwas bereit. Eigentlich fast so wie die schweizerische Sozialdemokratie es in ihrem Logo festhält: Für alle statt für wenige. Hinsichtlich dem baldigen Ferienstart nun also, eine mit augenzwinkernd gemeinter Liebeserklärung an den Sommer und dessen Eigenheiten.
"Läck. Ich freue mich auf die Sommerferien".
Lieber Sommer,
Ach wie wir dich mögen. Präzise gemeint sind damit ich und all die Daheimgebliebenen. Beim täglichen Pendeln zu meinem Arbeitsort begegne ich den Sommerhungrigen, Reiselustigen und -fröhlichen. Voll bepackt mit allem offenbar nötigen und unnötigem Kram für unvergessliche Ferien. Wobei ich mir bei genauer Betrachtung unsicher bin, ob angesichts der Mimik und teilweise Gestik bei manch so Reisegestresstem die Fröhlichkeit bereits in den Ferien weilt. Die Heiterkeit, die zumindest in meinem Verständnis energietankende Ferien mit sich bringen würden, scheint noch nicht ganz angekommen zu sein. Zu fern scheinen die in der Broschüre und auf den Internetseiten angepriesenen Angebote und Entspannungsgarantien. Oder sind wohl in diesem Moment der Reisehektik schuldend im geistigen Auge verblasst. Wobei beim "in-die-Ferien-reisendem-Volk" doch klare Unterscheidungen gemacht werden sollten. Ich möchte es nicht unterlassen, kurz auf diese einzugehen. Zum einen sind da die bereits erwähnten Reisegestressten. Zum andern die, bei denen die Ferien bereits vor dem Check-In stattfinden dürfen. Erkennbar daran, meist leicht beduselt, mit Strohhut auf dem Kopf, der durch die Beschriftung eines vergangenen Festivals erkennbar "Das Leben ist ein Ponyhof" symbolisiert. Sonnenbrille auch im Gebäudeinnern tragend, weil cool. In Flipflops latschend und lautstark über die administrativen Reisegegebenheiten klagend. Süffisant male ich mir die Enddestination dieser Reisenden aus und ertappe mich nicht selten beim Stereotypisieren von Personen. Die Gelegenheit kurz einen Exkurs zu Stereotypen zu schlagen, möchte ich an dieser Stelle nicht ungenutzt lassen. Und zwar, auch durch Drittpersonen bestätigt, jedoch längst noch nicht empirisch erforscht und daher nicht abschliessend verallgemeinerbar, lassen sich ein Teil der Schweizer Reisenden durch das Merkmal identifizieren, dass diese nebst den Kappa-Gepäckstücken, die es vor einigen Jahren im Rahmen einer Coop-Trophy kostengünstig zu erwerben gab, meist mit On-Schuh und die Reisedokumente in Sichtmäppchen tragend den Weg vom Abreiseort bis zum Flugzeug passieren. Diese Eigenheit lässt sich besonders jetzt in der Sommerferienzeit beobachten. Nun zurück zu den übrigen Reisenden. Ebenfalls gut zu erkennen sind die Insta-Traveler. Das kann ich nur englisch betiteln, weil alles andere wäre total altmodisch. Und irgendwie bin ich das als Mitt-Dreissiger noch nicht, zumindest gefühlt nicht. Hipp und cool, meist gar durch meine Brille in einem Insta-Filter erscheinende Persönlichkeiten. Jedes Accessoire am richtigen Platz sitzend, ebenso schnörkellos wie kommentarlos, nicht laufend, sondern schwebend anmutend mit dem gerade angesagtesten Parfüm, das die Sehnsucht nach Ferne und Wärme ausstrahlt. Allzeit bereit die Passage als Laufsteg zu betrachten und zu nutzen. Ja so sind sie. Die, die reisen. So oder so ähnlich. Jede:r nach seinem und ihrem Gusto. Ist es nicht schön, diese Vielfalt an Reisenden? Ich meine schon. Stell dir vor, sonst hätte ich ja nichts mehr zu berichten! Und vielleicht sogar zu tratschen. Tatsächlich gäbe es da schon noch die eine oder andere Beobachtung. Diese sei jedoch zu einem späteren Zeitpunkt erzählt. Daher lautet meine Gleichung für den Moment nicht wie oben aufgeführt Sommer = Reisezeit, sondern Sommer = Die Zeit, in der ich ebenso gut gelaunt all die Gepäcktragenden beobachten kann und getrost mir ohne Selbstmitleid sage: "Läck. Ich freue mich auf die Sommerferien".
Und so bin ich, lieber Sommer, doch irgendwie froh darüber, dass ich Sommermomente im gewohnten, vielleicht dadurch langweiligen Rahmen verbringen darf. Nimm es nicht persönlich, doch reise ich lieber in weniger reiseintensiven Monaten. Ungezwungen durch die fast menschenleeren Gassen der Stadt zu schlendern, an lauschigen Plätzen eine Glace zur Abkühlung und ein aromatischer Caffè Freddo geniessen, dass ist es, wonach mir im Sommer ist. In meiner Lieblingsstadt Zürich.
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