top of page

Wir gendern.

  • Daniel
  • 12. Apr. 2022
  • 3 Min. Lesezeit

Eine diskriminierungsfreie und geschlechtsneutrale Sprache sind uns wichtig. Weshalb uns dies am Herzen liegt und was die sprachliche Entwicklung mit uns macht, möchten wir in diesem Blogbeitrag thematisieren.

Unser Blog ist Meinung und Sprach-(macht) zugleich. In unseren Bloginhalten dreht sich alles um die Sprache. Wie drücken wir uns aus. Wie beschreiben wir etwas. In welcher Form schreiben wir. Wie setzen wir die Rhetorik ein. Welche sprachlichen Intensitäten und Wortlaute nutzen wir. Es liegt in der Natur der Sache, dass ein inhaltsstarker Blogartikel pointierte Meinungen und Aussagen enthält. Diese Sprachmacht ist mit viel Verantwortung verbunden. Worte können unterschiedlich wirken. Sie können Emotionen auslösen. Und sie können schlimmstenfalls verletzen. Sprache ist Macht. Sprache kann ermächtigen, sie kann entmächtigen.


So beginnt die sprachliche, bedingungslose Inklusion aller Menschen meiner Ansicht nach mit der Sprache. Die allgemein genutze Paarformel schliesst einen Teil der Gesellschaft aus. Diese Formel spricht binäre Personen an, also männliche und weibliche Personen. Um sprachlich vollständig inklusive zu sein, wurde das sogenannte Gendersternchen (Leser*innen) erfunden. Anstelle dieses Gendersternchen können auch der Underline (Leser_innen) oder ein Doppelpunkt (Leser:innen) genutzt werden. Alle diese drei Zeichen stehen für alle Geschlechtsidentitäten. Das Gendersternchen verursachte in jüngerer Vergangenheit emotionale Debatten um die deutsche Sprache. Nüchtern betrachtet ist festzuhalten, dass bereits im Jahr 2009 der sogenannte Asterik (*) im Leitfaden zum geschlechtergerechten Sprachgebrauch von Beatrice Fischer und Michaela Wolf am Zentrum für Translationswissenschaft der Universität Wien vorgeschlagen wurde. Das Gendersternchen wurde als Weiterentwicklung des Gender-Gap (Underline) vorgeschlagen, welches 2003 eingeführt wurde. Zudem hat die Schweizerische Bundeskanzlei im Jahr 2009 einen Leitfaden zum geschlechtergerechten Formulieren im Deutschen verfasst. Dieser Leitfaden wurde kürzlich vollständig überarbeitet. Wie einleitend beschrieben geht es in beiden Leitfäden um die gendersensible Schreibweise. Es geht keinenfalls um eine "Verhunzung" der Sprache, wie es gerne durch Kritiker:innen gemeint wird. Jahrzehntelang stand das generische Maskulin, also beispielsweise das ausschliessliche Nennen einer männlichen Berufsbezeichnung, im allgemeinen Sprachgebrauch. Mit dieser Sprachnutzung werden alle weiblichen Personen ausgeschlossen. Dies kann traditionelle, falsche Rollendefinitionen begünstigen oder falsche Rollenbilder zeichnen und diese zementieren. Sprache entwickelt sich. Denken wir nur an den Affenschwanz (@) oder den Hashtag (#), die heutzutage ganz natürlich in geschriebenen Texten verwendet werden.

"Sprache entwickelt sich und Sprache verändert unser Denken".

So halte ich es in der geschriebenen Sprache als äussert wichtig, dass die diskriminierungsfreie und geschlechtsneutrale Sprache verwendet wird. Seit dem 1. Februar 2022 nutze ich auch unter Berücksichtigung der Barrierefreiheit für sehbehinderte oder blinde Menschen den Doppelpunkt. Ich denke, dass diese Schreibweise in wenigen Jahren ebenso natürlich genutzt wird, wie andere Anpassungen in der geschriebenen Sprache. In der gesprochenen Sprache hingegen suche ich noch nach der für mich passenden Ausdrucksweise. Normalerweise nutze ich die Paarformel (Liebe Leser und Leserinnen). Hintergrund ist, dass das Gendersternchen /-Doppelpunkt nicht gesprochen wird. Das Gendersternchen wird mit der Nutzung der Paarformel aufgelöst. Gender-korreketer kann der sogenannte Glottisschlag, also eine bewusste Gender-Pause, genutzt werden.


Eine rechtspopulistische Politikerin aus Deutschland verharmlost das Gendern allgemein als Gender-Gaga. Ich höre in dieser Verallgemeinerung eine gewisse Unwissenheit oder gar Unsicherheit. Ich sehe aber auch das Verschliessen beider Augen für eine tolerante Gesellschaft. Wer Gendern und damit die gendergerechte Sprache als Gaga betitelt, berücksichtigt damit nicht die sprachliche Entwicklung und bremst zugleich die allgemeine Entwicklung der Gesellschaft. Zudem behindern solche Aussagen die gesellschaftliche Anerkennung, Wertschätzung und Teilhabe aller Menschen einer Bevölkerung. Geht es schlussendlich in der gendersensiblen Sprache um die grösstmögliche, sprachliche Bemühung um Gleichstellung und Chancengleichheit. Es geht zudem um Respekt gegenüber allen Menschen durch Sprache. Es fördert die Diversität und eine vielfältige Gesellschaft. Und zu guter letzt: Sprache verändert unser Denken. Wird ausschliesslich das generische Maskulin genutzt, werden alte Hierarchien weiter gelebt. Heisst, nutzen wir im allgemeinen Sprachgebrauch weiter nur die männliche Form, wie beispielsweise Lehrer, Leser, Zuhörer, so denken wir zuerst automatisch an einen Mann. Nutzen wir hingegen nur schon neutrale Formulierungen (Lehrpersonen, Leserschaft, Publikum) verändert sich das Bild in unserem Kopf. Nutzen wir schlussendlich die geschlechtsumfassende Schreibweise (Lehrer:in, Leser:in, Zuhörer:in) machen wir die Inklusion aller Menschen sichtbar. Unsere Wahrnehmung und Rollenbilder werden damit aufgebrochen.


Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Comments


Inputs. Fragen. Anmerkungen.
Wir freuen uns auf dein Feedback! 

Danke für deine Nachricht

Impressum      Datenschutz       Netiquette

© 2025 Gedankenchuchi

bottom of page